Der Schweizer Schriftsteller Gerhard Meier schreibt: „Für mich ist die Bibel ein Bastelbuch, um daraus eine Glücksmaschine zu bauen.“
Zuerst habe ich gedacht: „Was soll das denn? Die Bibel ein Bastelbuch? Und dann auch noch für eine „Glücksmaschine?“ Was soll das sein? Aber inzwischen gefällt mir diese Vorstellung ganz gut. Ich finde auch: Die Bibel ist keine Gebrauchsanweisung und auch keine Landkarte für ein gutes Leben. Vielleicht doch eher ein Bastelbuch ….
Beim Basteln musst du improvisieren, du nimmst alles, was du hast – und du wirst nie fertig. Es muss nicht perfekt werden, nur gerade so gut, wie es in diesem Moment geht. Basteln hat immer auch etwas Spielerisches: Probieren wir es mal aus…
In der Bibel finde ich vieles, was ich brauche, um an meinem Glück zu basteln: Sie spricht von der Liebe, die alles zusammenhält. Die Bibel handelt von der Ehrfurcht vor dem Leben, macht mich bescheiden in dem, was ich schaffe: Es hält nicht ewig, muss es auch nicht sein. Die Bibel erinnert mich daran: Gemeinsam macht das Basteln, das Leben viel mehr Spaß und es ist gut, wenn ich noch staunen kann wie ein Kind. Ich darf auch ruhig mal scheitern, fange wieder von vorne an. Ja, ich glaube, ich verstehe jetzt ein wenig, was Gerhard Meier meint mit seiner Bibel und seiner Glücksmaschine:
Sie ist nicht perfekt, läuft nicht immer rund – aber sie schenkt viel Glück.
Monat: September 2023
Egon ist nicht vergessen
Egon hat kein leichtes Leben gehabt. Er ist der Briefträger von List auf Sylt gewesen, sozusagen der nördlichste Briefträger Deutschlands. Und wie es früher auf dem Dorf eben so war, wenn jemand Geburtstag hatte – oder Goldene Hochzeit, oder was es sonst so zu feiern gab, dann hat man den Briefträger schon mal reingerufen: „Egon, kum rinn, drink eenen mit!“
Und Egon hat sich nie lange bitten lassen.
So kam es, wie es kommen musste: Egon ist unter die Räder gekommen. Der Alkohol wurde sein bester Freunde. Er ist 1973 verstorben, nur 27 Jahre alt. Eine tragische Geschichte.
Doch vergessen ist er nicht. Die alten Sylter und Sylerinnen erinnern sich noch an ihren Briefträger Egon Jepsen. Und einer von ihnen hat ihm ein Denkmal gesetzt. Er hat ihm einen Grabstein gestiftet, mit einer ganz schlichten Aufschrift: „Hier ruht Egon.“ Und so ruht er nun auf dem wunderschönen Dünenfriedhof von List, ganz in der Nähe von Wolfgang von Gronau, einem berühmten Pionier der Luftfahrt.
Jeder Mensch mit seiner Liebenswürdigkeit und seiner Tragik verdient es, erinnert zu werden, denn wir sind und wir bleiben Gottes Kinder.
So wie Egon.
Wer ist der Bedeutendste unter uns? (Mk 9,33ff)
Wir Männer neigen ja manchmal dazu, uns gegenseitig zu überbieten. Das ist bei den Jüngern Jesu nicht anders gewesen. Als die Jüngerinnen einmal nicht da sind, streiten sie sich, leise aber heftig: „Wer ist hier der Größte, der Bedeutendste unter uns?“
Jesus bekommt das mit und fragt sie: „Hey! Warum streitet ihr?“
Doch die Jünger schweigen. Klar, ist ja auch peinlich.
Und dann stellt Jesus ein Kind in ihre Mitte – so einen kleinen Windeldopper, zwei, drei Jahre alt. Der findet das erst mal ganz witzig. Wackelt von einem zum anderen, strahlt die jungen Kerle an – aber die reagieren nicht, sind unsicher. Da fängt der Kleine an zu weinen.
„Was soll das?“ fragen sich die Jünger.
Da nimmt Jesus das Kind auf den Arm und sagt: „Das ist die Antwort auf Eure Frage: „Wer sich um ein Kind kümmert, ist der bedeutendste unter allen Menschen.“
Die, die unter Schmerzen ein Kind zur Welt bringt – die, die nachts aufsteht, wenn das Kind schreit; die trotz aller Müdigkeit stillt und Windeln wechselt – das ist der bedeutendste Mensch unter uns.
Im Grunde sagt Jesus: „Die bedeutendsten Menschen sind die Mütter.“
So viel weiter als die Jünger damals sind wir Männer auch heute noch nicht gekommen. Aber wir arbeiten dran.
Hoffentlich…