Beziehungen, die nicht weh tun, erreichen das Herz nicht.
Monat: März 2012
Segelschiffe, Dampfer und das Leben…
Ein Segelschiff ist dem Leben näher als ein Dampfer: Es reicht nicht zu wissen, wohin du willst, denn das Leben besteht wie der Kurs eines Segelschiffs fast nur aus Umwegen, für die mal Windstille und mal Sturm verantwortlich sind.
schreibt Carsten Jensen in Wir Ertrunkenen.
Bleibt die Frage, ob wir unser Leben nicht immer stärker an das Dampfschiffideal anpassen.
Es muss immer unter Dampf stehen, immer gleichmäßig vor sich her stampfen, muss immer dasselbe Tempo haben, egal, wie das Wetter ist.
Es ist laut, du hörst immer dasselbe Wummern aus dem Bauch des Schiffes.
Und die Richtung soll immer dieselbe sein. Umwege verboten.
Was für ein trostloses Dasein.
Grau
Grau.
Ich habe mit dieser „Färb“e immer negative Assoziationen verbunden. Depressionen, schlechtes Wetter, November. Grau eben. Bis wir in der Gerhard Richter Ausstellung in Berlin waren. Der hat irgendwann angefangen, misslungene Bilder grau zu übermalen. Und ist dabei auf das Geheimnis von Grau gestoßen: Es ist eben nicht immer gleich, ganz im Gegenteil. Grau ist keine Farbe, Grau ist eine Welt. Seit dem schaue ich anders, interessierter, in den verhangenen Himmel. Und fange an, grau zu mögen.
Wort zum Sonntag
Mein Wort zum Sonntag für die Braunschweiger Zeitung:
Sie haben Ihre Stimme verdient.
Kirchenvorstände arbeiten mit viel Liebe, aber geräuschlos. Sie treten kaum öffentlich in Erscheinung. Es ist nicht unbedingt ein Amt, mit dem man sich schmücken kann. Die Parteien spielen gar keine Rolle.
Diesen Sonntag werden die Kirchvorstände in unserer Landeskirche neu gewählt, doch es gab keinen Wahlkampf. Die ganze Sache verläuft so still, dass viele es fast vergessen haben: Ach ja, morgen ist ja Kirchenvorstandswahl. Na ja, die werden das schon machen.
Dabei haben unsere Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher Ihre Stimme verdient. Sie leiten ein vielseitiges Unternehmen: Sie kümmern sich um Kindergärten und Friedhöfe, um alte und um junge Menschen, sorgen für die Bewahrung der Tradition und gehen gleichzeitig ganz neue Wege. Sie beraten über die diakonische Arbeit in unseren Gemeinden genau so wie über die Ziegeln auf dem Dach vom Gemeindehaus. Unsere Kirchenvorstände sorgen dafür, dass die Kirche im Dorf bleibt und in der Stadt. Sie bestimmen über viel Geld und ihre Arbeit ist oft mühsam. Längst nicht alles von dem, was sie säen, geht auf. Kirche ist oft langsam und behäbig. Du kannst an ihr verzweifeln. Sie ist mitten im Umbruch, das macht es auch nicht leichter.
Doch man hört nur selten von Streit und Missgunst, von Verunglimpfung und Richtungskämpfen. Die Dinge werden in Ruhe diskutiert, man hört einander zu und entscheidet gemeinsam. Trotz all der Mühe und Plackerei, es macht Spaß, im Kirchenvorstand mitzuarbeiten. Das mag auch darin liegen, dass unsere Kirchenvorsteher und Kirchenvorsteherinnen dem Gott der Liebe verpflichtet und darum den Menschen nahe sind.
Wenn Sie sich morgen aufmachen und Ihre Stimme abgegeben, zeigen Sie auch Ihre Wertschätzung für Menschen, die sich ehrenamtlich für uns alle engagieren.
Friedhelm Meiners, Pastor an St. Martini
Wenn Religion meine Sprache wär…
Aus einem Interview der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung mit Daniel Radcliffe, dem Harry Potter Darsteller:
FAS:
Ihr Vater ist ein nordirischer Protestant, ihre Mutter ist jüdisch. Sind Sie religiös?
Daniel Radcliffe:
Überhaupt nicht. Meine Mutter ist jüdischer Abstammung, aber sie praktiziert ihren Glauben nicht wirklich. Meine Großmutter lebt noch koscher. Und mein Vater, ich denke, ich denke, meine Eltern glauben beide an Gott, aber ich bin nicht sicher. Wir reden nicht wirklich drüber.
Elternglück und Bibelworte
Mich fröstelt. Der Frühling hat sich wieder verzogen. Und jetzt fängt es auch noch an zu regnen. Ich stehe vor einem gemütlichen Café. Drinnen ist es warm. Ich rieche den Kaffee durch die Scheibe.
Direkt am Fenster sitzt eine Mutter mit ihrem kleinen Sohn auf dem Schoß. Sie hält ihm ein Bilderbuch hin. Noch schaut er rein – und sie gelangweilt in die Gegend.
Sie wirkt angestrengt und leicht genervt.
Wo soll sie bei diesem Wetter auch hin mit ihrem Kind.
Auf den Spielplatz?
Vergiss es.
Durch die Fußgängerzone bummeln? Der Kleine bleibt an jeder Ecke stehen. Und dir frieren die Füße ab.
So ist sie im Café gestrandet. Hier ist es warm. Auszuhalten, solange der Kleine halbwegs ruhig bleibt.
Elternglück ist kein Zuckerschlecken.
Sie schaut auf. Merkt, dass ich sie beobachte. Ich gehe schnell weiter.
Ich bin in Hannover auf einer Fortbildung und jetzt für eine Stunde in der Stadt unterwegs, weil ich mir Gedanken über ein Bibelwort machen soll:
„… der unsere Seelen am Leben erhält und lässt unsere Füße nicht gleiten.“
Ich würde die junge Mutter zu gern fragen, wie sie diesen Satz versteht. Natürlich traue ich mich nicht. Sie würde sich nur blöd angemacht fühlen:
„Komm, lass mich in Ruhe. Für so was habe ich gerade wirklich keinen Nerv!“
Aber , spannend fänd ich schon, was ihr dazu einfällt…