„Mal ehrlich! Sieben Wochen ohne Lügen.“
Unter diesem Motto steht in diesem Jahr die evangelische Fastenaktion „Sieben Wochen ohne.“ Sie geht nun in die letzte Woche.
Ehrlich sein. Einfach mal die Wahrheit sagen. Klingt gut. Ist aber schwieriger als gedacht. Was ist, wenn das, was ich für „die Wahrheit“ halte – oder was tatsächlich wahr ist – den anderen verletzt, ihn in die Lüge treibt?
Dietrich Bonhoeffer schildert folgende Szene:
In der Schule fragt der Lehrer einen Schüler vor versammelter Klasse: „Trinkt dein Vater eigentlich immer noch?“ Der Schüler schüttelt traurig den Kopf: „Nein!“
Er lügt. Sein Vater hat ein schweres Alkoholproblem.
Bonhoeffer stellt nun die Frage: „Wer trägt die Schuld an der Lüge?
Der Schüler doch wohl nicht. Es ist der Lehrer, der ihn mit seiner erbarmungslosen Frage in die Lüge treibt.“
„Mal ehrlich!“ Das klingt so einfach. Aber die Wahrheit ist komplex. Ihr Gegenteil ist nicht immer die Lüge und oft genug dient das, was wir für „die Wahrheit“ erklären nur dazu, den anderen in die Enge zu treiben, ihn bloßzustellen. Oft genug verwechsele ich auch die Wahrheit mit dem, was ich für wahr halte. Dann werde ich böse und rücksichtslos – egal, ob ich eine Mauer bauen will oder jemandem einfach mal die Meinung geigen.
Die Wahrheit, das sind nicht nur Fakten. Sie hat im menschlichen Miteinander viele Facetten. Sie verlangt Respekt gegenüber dem anderen.
Wie anders wäre es gewesen, wenn der Lehrer seinen Schüler beiseite genommen hätte: „Du hör mal, ich mach mir Sorgen um dich… “
Wahrheit braucht Zuneigung, braucht Liebe.
Der Dichter Antoine de Saint Exupery betet:
„Schick mir im rechten Augenblick einen Menschen, der den Mut hat, mir die Wahrheit in Liebe zu sagen.“