Monat: September 2012

Danke!

Ge – danken zum Erntedank für die Braunschweiger Zeitung

Ich stehe an der Wursttheke im Supermarkt. Der Mann vor mir ist ganz vertieft in all die Leckereien. „Geben Sie mir noch hundert Gramm von der feinen Leberwurst. Und sieben Scheiben von der Salami – nein, nicht von der! Von der rechts daneben! Ja genau. Und dann noch hundert Gramm Schinken. Aber hauchdünn, ja?“
Er schaut nicht ein einziges Mal auf, nimmt die Verkäuferin überhaupt nicht wahr. Als sie ihm sein Paket über den Tresen reicht, ist er mit den Augen schon am Käsestand.
Und ich denke an den Sommerurlaub: an den kleinen Laden am Strand in der Bretagne. Ich habe dort jeden Morgen mein Baguette gekauft. Die Schlange dort war viel länger als hier, aber wir hatten immer viel Spaß: die Verkäuferin hat mein Französisch korrigiert und mir erzählt, wie das Wetter wird. Sie hat gefragt, woher ich komme und wie es mir an „ihrem Strand“ gefällt.
Seltsam, denke ich. Warum gelingt das im Alltag nicht? Warum kann dieser Mann nicht mal Danke sagen? Liegt es am Stress? Oder ist es einfach nur Gedankenlosigkeit? Ein Mangel an Respekt? Oder muss man sich für eine Dienstleistung nicht bedanken?
Morgen ist Erntedank. Und ich glaube, dass genau damit das Danken anfängt: dass wir einander wahrnehmen, dem anderen für das danken, was er mir schenkt, jeden Tag und einfach so, dass wir ein Lächeln teilen und nicht nur Geld gegen Ware.
Wofür werde ich morgen im Gottesdienst besonders danken? Für Essen und Trinken, natürlich. Für das Dach über dem Kopf und die Schönheit der Natur. Aber auch für all die Menschen, die jeden Tag für mich da sind, die dafür sorgen, dass es mir gut geht: für die Verkäuferin auf dem Markt, die sich freut, wenn sie noch ein Brot für mich hat und die bedauernd lächelt, wenn ich mal wieder zu spät dran bin.

Einschulung oder: Du sollst nicht

Als das Volk Israel sich auf den langen Weg der Freiheit macht, bekommt es eine Richtschnur mit:
die Zehn Gebote.
Acht dieser zehn Gebote enthalten eine Negation, ein „nicht“:
„Du sollst nicht.“
Du sollst nicht töten, nicht ehebrechen, nicht stehlen…
Warum ist das so?
Warum bekommt das Volk nicht viele gute Wünsche mit auf den Weg?
Dahinter steckt eine tiefe Weisheit:

Es ist viel wichtiger, schlechtes zu vermeiden, als Gutes zu tun.

Das klingt beim ersten Mal Hören etwas merkwürdig. Aber schauen wir genauer:

Eine Freundschaft, die über viele Jahre gewachsen ist, kann mit einer einzigen dummen Bemerkung zerstört werden.
Du fährst dreißig Jahre lang unfallfrei Auto und passt einen Moment nicht auf…

„Der wird seines Lebens nicht mehr froh.“
Diese Redewendung sagt genau das:

Es ist im Leben wichtiger, Schlechtes zu vermeiden als Gutes zu tun.

Heute werden unsere Kleinen eingeschult.
Sie machen sich mit so vielen Erwartungen auf den Weg.
Und gerade bei diesen kleinen Menschen ist es so wichtig, schlimme Dinge zu vermeiden.

Du sollst dein Kind nicht beschimpfen.
Du sollst dein Kind nicht belügen oder bestehlen.
Du sollst die Träume deines Kindes nicht gedankenlos oder mutwillig zerstören.
Du sollst gegenüber deinem Kind auf keinen Fall Gewalt anwenden.
Du sollst nicht schlecht über dein Kind reden.

Und natürlich sollst du auch Gutes tun, aber vielleicht tatsächlich im Verhältnis 8:2

Du sollst die schönen Tage, die Feiertage, mit deinen Kindern genießen.
Du sollst dein Kind ehren, ihm mit Respekt begegnen – so, wie du Vater und Mutter ehrst….

Knopf im Ohr

Sie steht mir gegenüber, strahlt mich an und nimmt den Knopf aus dem Ohr.
„Du hörst viel Musik?“ frage ich.
Sie lacht: „O ja! Am liebsten hätte ich die Dinger den ganzen Tag auf. Immer die richtige Musik zum richtigen Anlass.“

Was haben wir doch für Möglichkeiten!
Du kannst jederzeit und überall die Musik hören, die dir gefällt.
Der Soundtrack für dein Leben.

Was hätten wohl Paul Gerhardt oder Johann Sebastian Bach davon gehalten?
Ob sie auch mit dem Knopf im Ohr…?
Möglich wäre es, oder?
Na gut, die beiden hätten das nicht gebraucht. Sie hatten genug Musik im Kopf.
Aber trotzdem:
Was hätten sie gehört, wenn sie fröhlich oder wenn sie traurig waren?
Das Schöne ist ja: Man muss es nicht einmal verraten. Hört ja keiner.

Bis jetzt war ich skeptisch bei den Menschen, die immer den Knopf im Ohr haben: in der Straßenbahn, beim Joggen, beim Fahrrad fahren… Ich habe auch gern mal vom Gehirnschrittmacher geredet. Und ich selbst kann das gar nicht gut haben, die Musik im Ohr. Habe Angst, dass ich dann nichts mehr mitkriege, „Angst vor Kontrollverlust,“ würden die Psychologen sagen.

Immer den Knopf im Ohr? Ach ich weiß nicht.
Aber ab und zu ist es doch ganz schön: meine Musik.
Ganz für mich allein.
Was würde ich heute morgen hören?
Das verrate ich nicht.
Nur so viel: Sicher etwas fröhliches.