Ich liebe Schnulzen.
Gut, es muss nicht gerade Rosamunde sein, aber den Bergdoktor, den mag ich. Ich freue mich schon auf die nächste Staffel.
Was gefällt mir so an Martin Gruber, dem Bergdoktor?
Er lebt ein bisschen so, wie ich das immer wollte. Klar, er hat reichlich Probleme: mit seinem Bruder und seiner Tochter, dem Hof, mit den Frauen und natürlich auch mit seinen Patientinnen und Patienten.
Aber: Er nimmt sich Zeit.
Martin Gruber ist immer da, wenn er gebraucht wird. Er fährt mit der Patientin ins Krankenhaus, berät sich mit den Kolleginnen und Kollegen. Hört zu. Operiert auch selbst, wenn es sein muss.
Kurz und gut: Er ist mit Leib und Seele dabei.
Natürlich weiß ich dass das ein Märchen ist. Sein Wartezimmer ist leer, er hat immer nur eine Patientin oder einen Patienten.
Die Realität unserer Ärztinnen und Ärzte sieht ganz anders aus.
Aber der Bergdoktor erinnert mich an meine Ideale:
Ja, ich will in einer guten Gemeinschaft leben, ich will Zeit haben für die Menschen, die Gott mir anvertraut.
Und ich freue mich immer, wenn es mir gelingt:
Wenn ich in einem Gespräch die Zeit vergesse; wenn ich das Gefühl habe, einem Menschen zu helfen.
Nicht Bergdoktor, aber Bergpastor, das wär ich schon gern…
Schlagwort: Gutes Leben
Glück oder: Du musst nicht alles schaffen
Es gibt unzählige Ratgeber für ein besseres Leben.
Und es ist immer dasselbe:
„Du schaffst deine Arbeit nicht? Wirst nie fertig? Du hast abends immer das Gefühl, du hast nichts geschafft?
Ja dann hast du noch nicht die richtige Technik drauf. Lies unseren Ratgeber, dann hast du bald abends alle deine To do Listen abgebarbeitet, alles ist erledigt und du kannst ganz zufrieden das Leben feiern.“
Darf ich wirklich erst feiern und zufrieden sein, wenn ich alles erledigt habe?
Wann soll das sein?
Das ist so, als ob ich mit Vollgas über die Autobahn rase und mir sage: Erst wenn ich den letzten überholt habe, nehme ich den Fuß vom Gas.
Ich habe nie alles erledigt und das kann auch nicht der Sinn meines Lebens sein.
Aber mich überbekommt natürlich auch immer wieder diese Hektik:
„Du musst alles schaffen, dann wird dein Leben gut.“
An guten Tagen hilft mir dann an einen Satz von Jesus:
„Sorgt euch nicht. Seht die Vögel unterm Himmel. Sie sähen nicht, sie ernten nicht und euer himmlischer Vater ernährt sie doch.“
Wenn ich dann noch einen Bussard am Himmel kreisen sehe, dann denke ich:
Er wartet auch nicht, bis er alles erledigt hat.
Vielleicht fliegt er heute ja einfach mal so – auch aus purer Lust am Leben.
Gesegnet
Woran kann ich eigentlich spüren, ob mein Leben gerade gut ist, ob es gelingt?
Einer meiner Lieblingssätze aus der Bibel steht ganz am Anfang, im ersten Buch Mose. Dort heißt es:
„Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein.“
Dieser Satz wird zu Abraham gesagt, dem Urahnen unseres Glaubens. Der hat seine besten Jahre hinter sich. Doch sein Leben ist ihm zu eng geworden. Er bricht noch einmal auf. Gemeinsam mit seiner Frau Sarah zieht er in die Fremde. Sie haben keinen wirklichen Plan, aber diesen Satz im Herzen: „Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein.“ Die beiden gehen durch viele Krisen, machen viele Fehler, ihre Ehe droht zu zerbrechen. Aber sie sind immer auch für andere da: Sie kämpfen für Lot, ihren Neffen, sie sorgen sich um Isaak, ihren Sohn.
Ob du gesegnet bist, ob dein Leben gelingt, das spürst du nicht daran, ob du erfolgreich bist oder viel Geld hast. Der wahre Reichtum ist das, was du für andere tust.
Egal, wie alt du bist: Sei ein Segen für die Menschen, die dir begegnen.
Sei für sie da.
Bleib offen für das, was dir geschenkt und was dir zugemutet wird.
Lebe die Freiheit – für dich und für die Menschen, die dir anvertraut sind.
Rolltreppen
Der Soziologe Hartmut Rosa sagt: Das Leben in unserer Zeit ist wie eine Rolltreppe. Aber: Du musst in der falschen Richtung hochlaufen. Die Rolltreppe wird immer schneller und du musst auch immer schneller werden, wenn du wenigstens deine Position halten willst. Wenn du langsamer wirst, fällst du zurück.
Es stimmt: Wer in unserer Gesellschaft nicht schnell genug ist, fällt zurück.
Aber es gibt auch das Andere.
Das Bild dafür ist für mich die Rolltreppe in der Elbphilharmonie. Sie führt in 2 ½ Minuten nach oben. Sie ist so lang, dass du das Ziel nicht sehen kannst. Es geht voran, ohne dass du etwas tun musst. Du stehst da und fährst.
Dann hast du dein Ziel erreicht! Du bist auf der Plaza! Es erwartet dich ein phantastischer Blick auf Hamburg, auf die Stadt und auf den Hafen.
Diese Rolltreppe ist ein Versprechen. Du musst nichts tun, aber du kommst an, wirst in den Himmel der Musik erhoben.
Das ist eine Vision vom guten Leben: Du hast Zeit, Ruhe und dann einen wunderbaren Ausblick.
Klar, „das Leben“ ist nicht immer so – aber ab und zu schon. Und es sind genau diese Momente, die uns klarmachen, worum es wirklich geht: nicht höher, schneller weiter – sondern da sein, spüren, das Leben geht voran, einfach so – und irgendwann kommst du an.