Schlagwort: Wissenschaft und Glaube

Wissen und Geheimnis

Als ich ihm erzähle, dass ich Pastor bin, lächelt er nur müde: „Ach wissen Sie, mit dem Glauben habe ich es nicht so, ich bin Naturwissenschaftler…“
Also für mich ist das ein Gegensatz, Glauben und Wissen.
Ich liebe es, wenn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mir die Welt erklären. Ihre Geschichten sind so spannend.  Und je mehr ich verstehe, desto mehr staune ich über das Geheimnis des Lebens. Ein kleines Beispiel: Bei mir am Vogelhaus ist jeden Morgen gewaltig was los: Da tummeln sich Meisen, Spatzen und Stare – sogar ein Buntspecht kommt ab und zu vorbei. 
Plötzlich ertönt ein schriller Warnruf und alle sind verschwunden. 
In einem Buch über die geheimnisvolle Welt der Vögel erklärt die Autorin: „Vögel können viel mehr, als wir bisher wussten. Sie sind hochintelligent. Sie verstehen nicht nur den Warnruf, sie hören sogar raus, ob ein Sperber aus der Luft im Anflug ist – oder eine Katze sich am Boden anschleicht.“
Die Welt ist so schön, so vielfältig – aber wir wissen nicht, wie das alles möglich ist. 
Je mehr ich weiß, desto tiefer wird mein Glaube. 
Natürlich glaube ich auch nicht, dass Gott die Welt an sechs Tagen erschaffen hat; das ist ein uraltes Bild für die Kraft und die Liebe, die wirkt, im großen Geheimnis des Lebens. 

aufgelesen…

…in der SZ vom 17. Juli 2013

1936 schrieb ein Mädchen namens Phyllis an Albert Einstein einen Brief mit der Frage ihrer Sonntagsschulklasse:

Beten Wissenschaftler?

Fünf Tage später antwortete er ihr:

„Wissenschaftler glauben daran, dass sich jeder Vorgang, inklusive aller Angelegenheiten der Menschen, auf Grund von Naturgesetzen ereignet.
Deswegen wird kein Wissenschaftler daran glauben können, dass der Lauf der Dinge von einem übernatürlich manifestierten Wunsch wie einem Gebet, beeinflusst werden kann…
Gleichzeitig wird jeder, der sich ernsthaft mit Wissenschaft beschäftigt, irgendwann zu der Überzeugung kommen, dass sich in den Gesetzen der des Universums ein Geist manifestiert, der dem Geist des Menschen weit überlegen ist.
So führt die Beschäftigung mit der Wissenschaft zu einem sehr eigenen religiösen Gefühl, das sich allerdings gewaltig von der Religiosität eines naiveren Menschen unterscheidet.“

Ist Beten naiv?
Oder gibt es tatsächlich die Möglichkeit, zu diesem Geist, „der dem Geist des Menschen weit überlegen ist“ in Kontakt zu treten?