Buß und Bettag: Hier steh ich nun…

Hier stehe ich nun…
„Hier stehe ich nun und kann nicht anders.“
Für diesen Satz habe ich Martin Luther immer bewundert: Einer, der für seine Überzeugung steht.
Ganz anders der Mann am Kiosk: „Hier stehe ich und kann nicht anders.“ Schon wieder. Wie jeden Morgen. Er kommt nicht los.
Wem von den beiden stehe ich näher? Wie ist das mit meinen liebgehassten Gewohnheiten?
Kann ich anders?
Nur, wenn ich glaube mein Leben ist sinnvoll, kann ich etwas bewirken. Ich kann nicht anders, wenn ich denke, es ist sowieso alles egal, auf mich kommt es nicht an.
Anders leben. Martin Luther und der Mann am Kiosk. Wollen tun es beide. Aber es ist schwer. Luther hat nicht alles verändert. Vieles ist ganz anders gelaufen, als er sich das gedacht hat. Er war ein Held und eine tragische Figur. Getrieben von seinen Feinden und von seinem ungeduldigen, oft maßlosen Charakter. „Wir sind Bettler das ist wahr.“ Das soll sein letzter Satz gewesen sein. Aber er ist nicht stehengeblieben. Er ist losgegangen.
Der Philosoph Hans Jonas hat sinngemäß geschrieben: „Der Mensch ist nur frei, wenn er auch Dinge lassen kann.“ Das könnte heute unser Hauptproblem sein. Wir können unsere Art zu leben nicht lassen. Wie der Mann am Kiosk. Drohungen helfen da gar nichts. Es braucht Menschen und es braucht ein Ziel:
Was kann ich tun für eine lebensfreundliche Welt, ohne Leid und ohne Tränen? Ohne Ziele wird die Welt freudlos und grau.
Ich weiß im Grunde, was dran ist. Ich kenne die Richtung. Aber allein schaffe ich es nicht. Wie der Mann am Kiosk.
Buß- und Bettag. Ein Tag zum Innehalten. Mich orientieren. Um Kraft bitten für die Veränderung zum Leben.
Friedhelm Meiners, Pastor an St. Martini

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