Freiheit
Cora ist Sklavin. Sie lebt in den Südstaaten der USA. Das Leid, dem sie und ihre Mitsklaven ausgesetzt sind, ist unbeschreiblich. Die Knochenarbeit auf den Baumwollfeldern, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Sechseinhalb Tage die Woche. Die Folter und die Übergriffe durch ihre Aufseher und „Besitzer,“ Willkür und Vergewaltigung. Familien gibt es nicht. Die Kinder werden verkauft, sobald sie arbeiten können. Cora erträgt das nicht länger. Sie will frei sein. Frei von Gewalt, Willkür und Hass. Sie flieht.
Ihr Schicksal erzählt der Roman „Underground Railroad“ von Colson Whitehead.
Nach unendlichen Entbehrungen strandet Cora schließlich auf der Valentine Farm. Dort leben geflohene Sklaven und von ihren „Besitzern“ freigelassene. Sie lernt lesen. Sie lernt politisch diskutieren. Sie erlebt was es heißt, frei zu sein. Natürlich hat sie auch Pflichten. Auch auf dieser Farm muss sie hart arbeiten. Hier baut man keine Baumwolle an, sondern Mais. Doch zu ihrem Erstaunen macht ihr das nichts aus. Sie sagt: „Bis jetzt dachte ich immer: Ich bin frei, wenn ich tun und lassen kann, was ich will. Wenn ich geschützt bin vor Willkür und Unrecht. Aber das ist nicht alles.“ Cora erkennt:
„Freiheit ist eine Gemeinschaft, die für etwas Schönes und Seltenes arbeitet.“
Morgen ist Palmsonntag. Wir denken an den Einzug Jesu in Jerusalem. Er kommt nicht allein. Jesus kommt mit Menschen, die genau das tun: Sie arbeiten gemeinsam für etwas Schönes und Seltenes. An seinem Tisch sind alle gleich: Männer und Frauen, Gebildete und Ungebildete, Fremde und Freunde. Dafür bejubeln sie ihn. Dafür werden sie ihn hassen und kreuzigen.
Doch auf Karfreitag folgt Ostern.
Die Freiheit der Liebe ist stärker als der Tod.