Jürgen sagt über sich selbst, nicht ganz ohne Stolz: „Ich bin inzwischen uralt, 98 Jahre.“
Er hat unglaublich viel erlebt, aber er ist immer noch neugierig auf das Leben. Jürgen reist immer noch gern und er schreibt noch richtige Briefe, mit Tinte auf Papier. In seinem letzten Brief denkt er über die Freundschaft nach. Er schreibt: „Ich habe neue Freunde gefunden. In meinem Alter ein großes Glück.“
Da hat er Recht. Freundinnen und Freunde sind ein großes Glück, in jedem Alter.
Und er macht mir mit seinen Zeilen auch ein schlechtes Gewissen; meine Freundinnen und Freunde sind ein großes Glück, aber ich habe zu wenig Zeit für sie. Habe ich zu wenig Zeit – oder nehme ich mir zu wenig? Ist wohl eine Mischung aus beidem.
Zeit für meine Lieben.
Jürgen, der alte Mann, schreibt weiter:
„Den Weg der Freundschaft muss man häufig gehen, damit kein Gras drüber wächst.“
Was für ein schönes Bild: Der Weg der Freundschaft ist eben nicht gerade und gepflastert; der Weg der Freundschaft ist verschlungen, führt über Berge und durch Täler, ist manchmal kaum zu erkennen und wenn ich ihn nicht gehe, dann verschwindet er irgendwann.
Danke, lieber Jürgen, alter Freund, für diese Erinnerung…