Schlagwort: Musik

Playlist

Im Internet kann ich mir meine eigene Musik zusammenstellen, meine Playlist. Ich kann den ganzen Tag die Musik hören, die mir gefällt: morgens Hardrock zum Wachwerden und abends was Kuscheliges. 
Das ist praktisch, aber ich stehe auf das gute alte Radio. Sicher, der Sender muss passen. Da finde ich das Vertraute, meine Lieblingslieder; aber ich werde auch immer wieder überrascht. Neulich lief Joyride von Roxette. Mein Freund Christian hat es geliebt. 
Mit dem Glauben ist es bei mir wie mit der Musik: Ich brauche das Vertraute, habe meine Lieblingstexte. Gut, Weihnachten ist noch ein bisserl hin, aber die Weihnachtsgeschichte gehört für mich absolut dazu: „Es begab sich aber zu der Zeit …“ 
Aber dann brauche ich auch das Neue, den anderen Blickwinkel.  

Der Theologe Klaas Huizing schreibt:
„Das Christentum startet mit der Krippe, nicht mit dem Kreuz.“ 

So hatte ich das noch nie gehört. Auf meiner Playlist stand: „Das Christentum beginnt mit Karfreitag und Ostern, mit Kreuz und Auferstehung.“ Aber es stimmt: Das Christentum startet mit der Krippe, mit dem Wunder der Geburt. Jeder Mensch ist ein Kind Gottes, einfach so. 
Übrigens: Neulich lief hier auf NDR1 Niedersachsen „Drei Männer her“ von Ina Müller. Ein wunderbares Lied über die Freundschaft. Hatte ich noch nie gehört, stand auch nicht auf meiner Playlist…

Klaas Huizing, Lebenslehre, S. 335

Was Liebe braucht

Ein afrikanisches Sprichwort sagt: „Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf.“ 
Stimmt, es sind ja auch eine Menge Menschen an der Erziehung unserer Kinder beteiligt: Eltern und Geschwister, Großeltern, Lehrerinnen und Lehrer, Freundinnen und Freunde…
Ich glaube, bei einer guten Partnerschaft ist es genauso.
Da gab es mal so einen Schlager – Michaela, gesungen von Bata Illic, 1972: „Du bist alles für mich, denn ich liebe nur dich, Michaela.“ Arme Michaela, sie soll alles sein: beste Freundin, Liebhaberin, Mutter, Vertraute… 
Gut, „Michaela“ war schon sehr heftig, aber die Charts sind voll von Hymnen auf die große Liebe. Und immer geht es um zwei Menschen, die sich genug sind. „You are the sunshine of my life“ singt Steve Wonder.
Das kann nicht funktionieren. Für eine gute Partnerschaft braucht es auch ein ganzes Dorf: 
Mit Holger und Ralph rede ich über unseren Beruf, mit Robert über Fußball, das interessiert meine Frau nicht die Bohne, mit Mike über spannende Sachbücher; mit Frank teile ich einen Humor, auf den sie gar nicht kann – und wenn sie mit ihren Freundinnen Siedler von Catan spielt, bin ich raus. Das sind nur ein paar Menschen aus unserem Dorf.
Zwei allein? Das klappt schon bei Adam und Eva nicht. Wir brauchen einander. 

Die Sprache Gottes

„Gott hat viele Sprachen. Eine davon ist die Musik“

(David Foster Wallace).

Sie war krank. Fünfzehn lange Jahre. Die Familie hat sich gekümmert, ist bis an die Grenzen gegangen. Zuletzt saß sie im Rollstuhl, konnte nichts mehr, diese einst so blühende Frau, Mutter, Schwester und Freundin. Und nun heißt es Abschied nehmen. Ein Lied aussuchen, das zu ihr passt. Reinhard Mey hat sie immer gern gehört. Seine Alben haben wir immer noch für sie gespielt, bis zum Schluss. Wir hören noch mal rein. „Gute Nacht Freunde…“ Schon bei den ersten Klängen öffnen sich bei mir alle Schleusen, „es wird Zeit für mich zu gehen.“  Der Schmerz, die Trauer, alles bricht raus. Ich habe das Gefühl, Reinhart Mey hat das Lied nur für sie geschrieben. Ich sitze wieder in ihrem verwunschenen Garten. Sie ist mir ganz nah, die große Gastgeberin, die warmherzige Freundin, die immer ein offenes Ohr für mich hat, eine Zigarette und natürlich ein letztes Glas im Stehen. Die letzten fünfzehn Jahre, die Krankheit, all das Leid, sind für einen Moment wie weggefegt. Sie ist wieder da, diese tolle Frau, die mir so viel gegeben hat. Dieser Moment tut so weh und so gut.
„Gute Nacht Freunde…“ wie oft habe ich das schon gehört und nichts ist passiert. Jetzt zerreißt es mich.
Die Musik entfaltet eine ungeheure Kraft. Sie weckt Gefühle, Erinnerungen, entführt in eine andere Welt. Du kannst das nicht steuern. Mal dringt sie dir tief ins Herz, mal erreicht sie dich gar nicht. Du kannst ihre Wirkung auch nicht einfach wiederholen, weißt nie, was beim nächsten Hören geschieht. Musik ist wunderschön und unverfügbar. Sie trägt dich in ungeahnte Höhen und stürzt dich in tiefste Tiefen.
Ja, Musik ist die Sprache Gottes.

 

 

Lieder

Martin Luther hat gesagt: „Musik muss in der Schule Pflichtfach werden!“
Ist das wirklich so?  Kann man mit Liedern jemandem etwas beibringen? Wenn das damals mein Mathelehrer gehört hätte – er hätte die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. „Musik ist etwas zur Entspannung, für die Freizeit“ hätte er gesagt. „Mit Musik kannst du Kraft tanken für die wirklich wichtigen Dinge des Lebens. Aber Menschen mit Liedern etwas lehren? So ein Unsinn!“
Und so ist es bis heute: Musik ist in der Schule ein Nebenfach. Wenn es ausfällt, ist das nicht so schlimm. Dabei ist es doch sonnenklar!  Es springt ins Auge! Wir lernen durch Lieder! Ich bin grade Großvater geworden. Ich sehe meinen Sohn mit Ada, meiner Enkeltochter durch die Wohnung laufen. Er wiegt sie im Arm und singt: „Weißt du wieviel Sternlein stehen.“ Alles ist gut. Sie ruht in seinen Armen. Bis er stehen bleibt. Und aufhört zu singen. Dann schreit sie wieder aus Leibeskräften. Er singt weiter: „Kennt auch dich und hat dich lieb.“ Und meine Enkelin schläft selig wieder ein.
Mit diesem alten Abendlied lehrt mein Sohn seine Tochter das Allerwichtigste, bevor sie überhaupt sprechen kann: „Es gut ist auf dieser Welt. Wir freuen uns so, dass du da bist!“
Er lehrt sie die Melodie des Lebens. Und sie will sie hören und sie will sie spüren: „Wiege mich in diese Welt. Wiege mich in den unsichtbaren Armen der Musik.“ Musik führt dich zurück in die Liebe Gottes. Erinnert dich daran: Alles ist gut. Du bist geborgen. Die Musik, das Lied, ist größer als dein Geschrei.
Ja, Martin Luther hat Recht! Der erste und wichtigste Lehrer der Liebe ist die Musik. Und nichts, wirklich nichts hält so lange wie die Musik unserer Kindheit. Wenn wir alt werden, mögen wir vieles vergessen – aber niemals die Lieder unserer Kindheit. Lehrt einander in aller Weisheit – mit Liedern. Ja, fangen wir damit an, wenn unsere Kinder klein sind – und hören wir nie damit auf.
(Andacht für „Himmel und Erde“ NDR 1)

Knopf im Ohr

Morgenandacht für den NDR

Knopf im Ohr
„Wie bitte?“
Sie steht mir gegenüber, strahlt mich an und nimmt den Knopf aus dem Ohr. Sie hat meine Frage gar nicht gehört, die Musik in ihrem Ohr war lauter.
„Du hörst viel Musik?“ frage ich.
Sie lacht: „O ja! Am liebsten hätte ich die Kopfhörer den ganzen Tag auf. Immer die richtige Musik zum richtigen Anlass.“
Wir reden einen Moment, dann drückt sie ihren Knopf wieder ins Ohr und zieht fröhlich von dannen.
Ich bin neugierig geworden.
Was sie jetzt wohl hört? Sie taucht ein in ihren ganz eigenen Klangraum.
Ich selbst könnte das ja nicht so gut haben. Immer den Knopf im Ohr: in der Straßenbahn, beim Joggen, beim Fahrrad fahren… Mir wär das auch zu gefährlich.
Aber was haben wir für Möglichkeiten!
Du kannst dir die Musik für dein Leben selbst zusammenstellen, kannst ganz eintauchen.
Was hätten wohl Paul Gerhardt oder Johann Sebastian Bach davon gehalten?
Ob sie auch mit Knopf im Ohr…?
Natürlich, die beiden hatten genug eigene Musik im Kopf.
Aber möglich wäre es, oder?
Was hätten sie wohl gehört, wenn sie fröhlich oder wenn sie traurig waren?
Was wäre das Leben ohne Musik!
Wenn ich zum Beispiel Major Tom höre, dann weiß ich wieder ganz genau wie das damals war, mit Mitte zwanzig: völlig losgelöst.
Oder mein liebstes Kirchenlied: „Geh aus mein Herz“ von Paul Gerhardt. Wie schön ist Gottes Welt! Und wie gut zu leben.
Immer den Knopf im Ohr? Ach ich weiß nicht.
Aber ab und zu im Auto ist es doch ganz schön: meine Musik.
Ganz für mich allein. Und manchmal singe ich auch mit – laut und ein bisschen schräg.
„Singen vertreibt den Teufel!“ meint Martin Luther.
Recht hat er!

Knopf im Ohr

Sie steht mir gegenüber, strahlt mich an und nimmt den Knopf aus dem Ohr.
„Du hörst viel Musik?“ frage ich.
Sie lacht: „O ja! Am liebsten hätte ich die Dinger den ganzen Tag auf. Immer die richtige Musik zum richtigen Anlass.“

Was haben wir doch für Möglichkeiten!
Du kannst jederzeit und überall die Musik hören, die dir gefällt.
Der Soundtrack für dein Leben.

Was hätten wohl Paul Gerhardt oder Johann Sebastian Bach davon gehalten?
Ob sie auch mit dem Knopf im Ohr…?
Möglich wäre es, oder?
Na gut, die beiden hätten das nicht gebraucht. Sie hatten genug Musik im Kopf.
Aber trotzdem:
Was hätten sie gehört, wenn sie fröhlich oder wenn sie traurig waren?
Das Schöne ist ja: Man muss es nicht einmal verraten. Hört ja keiner.

Bis jetzt war ich skeptisch bei den Menschen, die immer den Knopf im Ohr haben: in der Straßenbahn, beim Joggen, beim Fahrrad fahren… Ich habe auch gern mal vom Gehirnschrittmacher geredet. Und ich selbst kann das gar nicht gut haben, die Musik im Ohr. Habe Angst, dass ich dann nichts mehr mitkriege, „Angst vor Kontrollverlust,“ würden die Psychologen sagen.

Immer den Knopf im Ohr? Ach ich weiß nicht.
Aber ab und zu ist es doch ganz schön: meine Musik.
Ganz für mich allein.
Was würde ich heute morgen hören?
Das verrate ich nicht.
Nur so viel: Sicher etwas fröhliches.